Seiten

Donnerstag, 11. Februar 2010

WWF und BUND ziehen wegen Genehmigung der Nord Stream-Pipeline vor das Verwaltungsgericht 

Die Karte mit dem Pipelineverlauf (grün) zeigt auch zahlreiche andere Pipelines in der Ostsee. Und den Verlauf südlich von Gotland, der nun ins Gerede kommt wegen möglicher Giftgasabfälle. Repro WWF/ostseh

Stralsund. (ostSeh) WWF Deutschland und BUND haben gegen die Genehmigung der Ostseepipeline durch die deutschen Behörden vergangene Woche fristgerecht Klage beim Verwaltungsgericht Greifswald eingereicht. Dies teilte der Sprecher des WWF-Ostsee-Projektes Stralsund Jochen Lamp vergangene Woche anlässlich eines Vortrags zum Thema im Stralsunder Meeresmuseum mit. Die Umweltverbände fordern eine Aufhebung des Planfeststellungsbeschluss, den das Bergamt Stralsund im Dezember 2009 erteilt hat. Die Ostsee werde durch die geplanten Eingriffe des Pipelineprojekts weitaus stärker belastet als im Beschluss dargestellt. Die vorgesehenen Kompensationsmaßnahmen durch den Pipeline-Betreiber Nord Stream sind nach Ansicht der Umweltverbände unzureichend. Lamp betonte in diesem Zusammenhang auf Nachfragen zum späten Zeitpunkt des Vorgehens ausdrücklich, dass sich die Klage gegen das Bergamt Stralsund und nicht gegen Nordstream richte. Dessen Genehmigungsverfahren stehe in der Kritik.

Die für den deutschen Küstenbereich festgeschriebenen Ausgleichsmaßnahmen für etwa 40 Prozent der Eingriffe kosten etwa 7,0 Millionen Euro. Für die fehlenden 60 Prozent fordert das Bergamt Stralsund Ausgleichszahlungen in Höhe von 3,6 Millionen Euro. "Die Bilanz zwischen verursachten Schäden und Kompensation muss ostseeweit gleich Null sein" sagt Jochen Lamp, Ostsee-Experte des WWF. "Hier müssen Behörden und Betreiber substantiell nachbessern, damit die geplanten Eingriffe in die Meeresumwelt voll ausgeglichen werden".

Durch Baggerungen für die Trasse der Gaspipeline am Meeresboden und Freisetzung großer Mengen Stickstoff und Phosphor drohen massive Schäden im Ökosystem der Ostsee. Die Einlagerungen der vergangenen Jahrzehnte seien mitnichten verarbeitet, sondern nur abgelagert. Die Baggerungen wühlten das alles wieder auf und die Nährstoffe kämen ein zweites Mal ins Wasser. "Wir machen uns heute Gedanken um 450 Tonnen Schadstoffe aus Schiffsabwässern und da werden eben mal 53000 Tonnen Phosphat und 12000 Tonnen Nitrat aufgwühlt", so lamp, der dafür mindestens einen ausgleich gen Null fordert.

Wie heikel die Angelegenheit trotz aufwändiger Forschungsarbeiten in einem breiten Sektor entlang der 1225 Kilometer langen Trasse tatsächlich werden könnte, zeigten neue Meldungen aus Dänemarkt, dass die Sowjetunion noch bis 1992 Kampfstoffe und Munition südlich Gotland abgelagert hätte.

Wie wichtig Nord Stream auch in dieser Phase Einwendungen der beteiligten Verbände noch nimmt, zeigte die Anwesenheit des Pressevertreters Steffen Ebert vor Ort. Er präzisierte in großer Offenheit die beispielsweise bei Gotland gesprengten 40 Minen oder gab Auskunft, dass bestimmte Verlegearbeiten ausdrücklich später vorgenommen würden, um die Laichgründe des Ostseeherings nicht zu stören.

Auch Lamp räumte am Rande der Veranstaltung ein, dass eine Pipeline verglichen mit dem Schiffsverkehr und den dabei erfolgen Energieverlusten und Havarierisiken in der Ostsee die bessere Variante sei. Und dass selbst nach 50 Jahren vermutlich der Verbleib der Pipeline besser sei, als den Grund erneut aufzuwühlen. So machte die eher lapidare Abhandlung ohne wirklichen Erkentnisgewinn im Meeresmuseum etwas den Eindruck, als ob hier noch Verhandlungsmasse für die Ausgleichsmaßnahmen geschaffen würde. Wie auch die Prozessbegründung deutlich bestätigt.

Weitere Infos: Jochen Lamp, WWF Ostseeexperte Tel: 0162 29 144 27

0 Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

 
footer