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Freitag, 4. Dezember 2009

Gewerbliche Nutzung von Erdgasfahrzeugen steigt -  auf Rügen macht Inselzuschlag schlechte Laune

Immer mehr Gewerbetreibende entscheiden sich für die Anschaffung eines wirtschaftlichen und umweltfreundlichen Erdgasfahrzeugs. Diesen Trend bestätigt der Initiativkreis (IK) Mecklenburg-Vorpommern „Das Erdgasfahrzeug“. So ist der Anteil der gewerblichen Förderungen von 52 Prozent im Vorjahr auf 60 Prozent in 2009 gestiegen. Neuzulassungen eines Erdgas-Serienmodells belohnt der IK MV mit einer Prämie in Höhe von 300 Euro. Wer zusätzlich von seinem Energielieferanten noch einen Zuschuss erhält, ist gut dran. Seit Jahresbeginn haben 102 Erdgasfahrer beim IK die Förderung abgerufen. Bis 31. Dezember können noch entsprechende Anträge eingereicht werden.



90 Cent für Erdgas auf Rügen - das waren noch Zeiten. Solche Preise sind nur noch in Stralsund zu haben, wohin sich preisbewusste Verbraucher bei einem Unterschied von nahezu sechs Cent das Kilo auch wenden sollten. Bis auch bei EWE statt 96,9 wieder 90 Cent auf dem Schild steht.
Fotos: © ostSeh/Küstermann

Meck-Pomm/Rostock/Rügen (ostSeh) Positives Vorbild für die gewerbliche Nutzung von Erdgasfahrzeugen ist die Hansestadt Rostock. Bis Jahresende werden zwei weitere erdgasbetriebene VW Caddy den Fuhrpark der Ostsee-Metropole verstärken. Der erste der beiden Lieferwagen rollt ab sofort durch die Straßen, der zweite folgt am 10. Dezember. Seit Mai hat das Rathaus den Bestand an Fahrzeugen mit dem alternativen Antrieb um sieben Lieferwagen ergänzt. Zusammen mit dem Fiat Grande Punto Natural Power, der schon seit drei Jahren vom Umweltamt genutzt wird, sind dann insgesamt zehn Erdgasfahrzeuge für Rostock unterwegs.
Erdgasfahrzeuge überzeugen durch ihre niedrige Kohlendioxid-Emission (CO2) und ihre Wirtschaftlichkeit“, erläutert Wolfgang Putzier, Betriebshofleiter der Hansestadt Rostock im Amt für Stadtgrün, Landschaftspflege und Naturschutz, den Hintergrund der Anschaffung. „Im Bürgerschaftsbeschluss vom 10. Juni 2009 zur Begrenzung des Kohlendioxid-Ausstoßes im städtischen Fuhrpark haben wir uns verpflichtet, Pkw anzuschaffen, die den Emissionswert von 140 Gramm CO2 pro Kilometer unterschreiten. Ab 2012 haben wir die Grenze sogar bei nur 120 Gramm festgesetzt. Schon heute schaffen erdgasbetriebene Fahrzeuge wie Fiat Panda, Fiat Punto und VW Passat diesen niedrigen Emissionswert. Um die Vorgaben zu erfüllen, sind Erdgasautos bei einer jährlichen Laufleistung von 20 000 Kilometern deshalb ideal“, so Wolfgang Putzier weiter.
Umweltfreundlichkeit und Wirtschaftlichkeit – rund 1 500 Erdgasfahrer sind in Mecklenburg-Vorpommern von dem saubersten aller fossilen Kraftstoffe bereits überzeugt.

Zum Vergleich: in MV fahren pro 1000 Einwohner statistisch rund 633 Fahrzeuge. Es leben hier 1,65 Millionen Einwohner.
Auf Rügen wird weiterhin laut EWE von einer festen Zahl von ungefähr 100 Fahrzeugen ausgegangen. Leider nicht erfasst ist allerdings die Anzahl der rund zwei Millionen Urlauber, von denen saisonal etliche mit Erdgasfahrzeugen die Insel befahren. Sie sind enttäuscht von nur einer Tankstelle auf Rügen, während das LPG-Tankstellennetz expandiert.

Erdgas emittiert im Vergleich zu Benzin allerdings ein Viertel weniger des Treibhausgases CO2, zudem keine Rußpartikel und kaum Schadstoffe wie Kohlenmonoxid oder Schwefeldioxid. Dabei ist die Kraftstoffalternative sogar noch deutlich günstiger. In Mecklenburg-Vorpommern koste das Kilogramm derzeit 89 Cent, behauptet der Arbeitskreis Erdgasfahrzeuge, der allerdings von einer Leipziger Agentur betrieben wird. Damit verlässt er wider besseres Wissen die Ebene seines rechtschaffenen Anliegens zugunsten von Lobbyarbeit. Denn 89 Cent ist derzeit der absolut unterste Preis im Land. Die in der Regel preiswerte Stadtgastankstelle bei ARAL in Stralsund kassiert 90 Cent. Beachtlich bei einem weitaus höheren Durchschnittspreis in MV und Brandenburg. Immer wieder preislicher Spitzenreiter jedoch ist die einzige Erdgastankstelle auf der Insel Rügen, die dort ansässige Erdgasnutzer sowieso schon vor logistische Herausforderungen bei 1000 m²Km Insel stellt. Seit über zwei Jahren verspricht EWE einen zweiten Tankstützpunkt für Erdgas im Nordosten der Insel. In Bergen an dem nicht überdachten Tankcontainer, dessen Kompressor-Technologie zudem dafür sorgt, bei gleichen Temperaturen meist rund ein Kilogramm weniger Erdgas als in Stralsund zu tanken – Erdgas muss komprimiert werden, was temperaturabhängig funktioniert - kostet das Kilogramm sage und schreibe 95,9 Eurocent. Das mutet schon sehr wie Inselzuschlag an.
Das neue Signal, was zum großen Glück für EWE bisher wohl nur wenige Kunden bemerkt haben, ist jedoch doppelt fatal: eben brachte EWE die Plakette am Tankstützpunkt an, dass künftig Erdgas dieses Anbieters 30 Prozent Biogas beinhalte. Und schwupps, ist der Preis oben. Dabei sollte eer mit den anderen Mineralölpreisen variieren.
Die Urlaubsregion Rügen sieht sich zudem in diesem Zusammenhang auch anderen Herausforderungen gegenüber, die von besagter Gasgewinnung mit nachwachsenden Rohstoffen herrührt. So protestierten bei Bekanntwerden einer Gasanlage für Malkvitz bei Gingst Bürger, weil sie ein erhöhtes Aufkommen von Traktoren und anderen Fahrzeugen mitten in touristisch wichtigen Zeiten durch den engen Ortskern der 1 500 Seelen-Gemeinde befürchten. Ebenso zunehmende Monokulturen in der Landschaft. Denn viele Landwirte stellen sich darauf ein, Ackerfrüchte lieber derart zu nutzen, statt sie ihrer eigentlichen Verwendung zuzuführen. EWE will auch bei Gingst das Gas in sein Leitungsnetz speisen.
Richtig bleibt allerdings, dass aufgrund des höheren Energiegehalts – ein Kilo Erdgas entspricht 1,5 Liter Benzin und 1,3 Liter Diesel – Erdgasfahrer die Hälfte gegenüber Benzin und ein Drittel gegenüber Diesel sparen. Die Amortisation eines Neufahrzeuges liegt je nach Zuschüssen bei der Anschaffung nahe der Laufleistung von rund 20 000 Kilometern.
Für Erdgastanker auf Rügen gibt es zumindest eine positive Neuigkeit, die Petra Stanislav von der EWE-Unternehmenskommunikation preisgeben konnte. „Die Tankstelle in Bergen wird unter dem Dach der benachbarten Araltankstelle dahingehend komfortabler, dass dort die Bedachung das Tanken bequemer macht und zwei Tankstutzen den Stau zur Mittagszeit reduzieren, wenn die Zustelldienste ihre Flotte nachtanken.
Dann dürfte die Tankfläche auch nicht mehr Parkplatz für den nebenan liegenden Döner-Imbiss sein und nervige Diskussionen bleiben aus.

Ansonsten: Wow, es war schon immer etwas umständlicher, in Deutschland für etwas Vorreiter zu sein. Aber das wäre eine andere Geschichte..

© ostSeh/Andreas Küstermann

3 Kommentare:

Bernd Horlbeck hat gesagt…

Lieber Herr Küstermann,

der Effekt eines "Durchschnittspreises" bewirkt, dass die höchsten und niedrigsten Preise ausgeblendet werden. Für MV hat der genannte Durchschnittspreis Bestand, auch wenn Sie auf Rügen bei 0,95 Euro sicher den höchsten Stand markieren. Werfen Sie doch bitte beispielsweise einen Blick nach Schwerin, Greifswald, Malchow oder Waren/Müritz.

Sie kennen die "absoluten" Preise in ganz MV? Respekt! Sie scheinen viel unterwegs zu sein. Wir nutzen in Leipzig für solche Aussagen seriöse Quellen, wie beispielsweise das neutrale Verbraucherportal gibgas.de.

Eine Richigstellung muss noch sein: Wir führen nicht den Arbeitskreis, sondern unterstützen ihn kommunikativ. Das sollte Ihnen aus unseren zahlreichen Gesprächen bekannt sein.

Herzliche Grüße aus Leipzig
Bernd Horlbeck

ostseh hat gesagt…

hallo herr horlbeck,

danke für die schnelle reaktion. sie haben offensichtlich ein gutes suchsystem.. :-) EWE hoffentlich auch.

dabei müssen wir natürlich dann auch klarstellen, dass es auf rügen 95,9 cent, also dann wohl eher 96 sind und dass die pressesprecherin der EWE sagt, dass sie eben in berlin auch einen solchen preis an einer neuen zapfanlage bei shell als normal registriert habe. einer EWE zapfanlage wohlbemerkt, weshalb es ja interessant ist, auf das preisgefüge zu schauen und sich zu fragen, warum die probleme auf rügen noch durch höchstpreise forciert werden müssen? und ob sich das mit der erdgaspipeline von nordstream vielleicht ab 2011 ändern könnte?

ja, ich fahre von rügen bis berlin und kann einen durchschnittspreis von 89 cent daher nicht bestätigen. wo soll der entstehen, wenn sie die höchst- und niedrigstpreise ausgeblendet haben, und das für MV??

dabei haben wir das versprechen der erdgasanbieter als verbraucher nicht vergessen, das da lautet, mit den anderen treibstoffpreisen zu pendeln. nach oben allerdings ebenso wie nach unten. seit meinem einstieg mit 85 cent habe ich jedoch nur ein "nach oben" verfolgen können. bis auf ein einziges mal um einen eurocent nach unten.. alibi?

so gesehen mache ich damit natürlich auch indirekt etwas lobbyarbeit - im sinne des verbrauchers. und weise ihn darauf hin, dass der markt sagt: fahre immer wenn möglich in dieser region nach stralsund und unterstütze diese preispolitik der stadtwerke durch viel tanken. das mache ich auch gleich wieder....

und ich gestehe, dass ich mir das letzte von 14 erdgasautos der serie peugeot partner mit einem sehr kleinen, sehr ärgerlich und lieblos angebrachten innentank wie vor 20 jahren vor erst zwei jahren zugelegt habe und daher viel tanken muss, um konsequent bei erdgas zu bleiben. meine bivalent-tank fülle ich erst nach 5000 kilometern wieder mit benzin. so mein ehrgeiz, der bei der tankdichte amnchmal an grenzen gerät.

leider nimmt mein navi auch kein programm mit erdgastanken an, was immer logistische zusatzarbeit bedeutet. der erdgasatlas zudem ist völlig veraltet und ein ärgernis.

so weit meine kommunikative unterstützung zum thema erdgas auf der straße und in der praxis.

freue mich auf neue infos
grüße
küma

küma hat gesagt…

Weil ja das thema erdgas eine never ending story zu sein scheint.... mittlerweile sind wir auf rügen nach 1,059 bei 1,049 euro das kilo. Auf einer Fahrt nach niedersachsen konnte ich das preisgefüge mal in diese richtung erkunden und habe außer in rostock - immer noch einen cent billiger als auf rügen - nirgendwo diese EWE-höchstpreise entdecken können. Einmal habe ich um den 10. juni herum sogar noch für sage und schreibe 86 cent in celle getankt. das kilo.
allerdings musste ich auch feststellen, dass die tanke in dannenberg noch immer geschlossen ist, obwohl schon seit einem jahr im erdgas-atlas verzeichnet und dass der danach nächstgelegene autohof in neustadt glewe dann passenderweise ohne erklärung eine störung hatte. Was ich alleine an kilometern fahre, um erdgas tanken zu können....
DAS ind die dinge, die die lobbyarbeit für erdgas dann auch berücksichtigen sollte. Aus kundensicht, wohlbemerkt. Positiv zu vermelden ist, dass es nun endlich auf rügen zwei erdgastankstellen gibt. Eine neuere bei total in sassnitz sogar mit dach, wohingegen man bei der anderen in bergen noch im regen steht. Nun muss in sassnitz nur noch die erdgaskarte eingeführt werden...

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