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Dienstag, 18. Oktober 2011

Schätzing: Nicht ans Limit gegangen


 (c) ostSeh Frank SCHÄTZING


Stralsund. (ostSeh) Keine Sorge. Wer Frank Schätzings Buch 'Limit' nicht kennt, wird auch in seiner Multivisionsschau nichts spannungsminderndes darüber erfahren. So zumindest hielt es der Autor am Wochenende bei seinen ausverkauften drei Veranstaltungen im Stralsunder Ozeaneum. Er legte eine völlig eigenständige und eines Science-Fiction-Schriftste­llers würdige Performance mit E-Book und Multivision auf einer riesigen Leinwand unter den noch eindrucksvolleren Meeressäugern hin.

Dort wäre übrigens 'Der Schwarm', sein erster Bestseller, ebenso gut aufgehoben. Doch statt unter die Meeresoberfläche ging es ins All. Manchmal. Denn es wird nicht viel verraten vom Visionär Julian Orley und seiner Mondbasis mit Hotel, wo auch der Stoff für die Energie der Zukunft gewonnen wird. Schätzing liest nur aus zwei Schlüsselszenen im Halbdunkel, philosophiert ansonsten relativ frei und völig abgelöst vom Buch über Visionen oder deren Infragestellung in ihrer Zeit. Aussagen, wie diese, dass niemand einen Computer zu Hause benötige oder weltweit höchstens Bedarf für fünf Computer bestünden hören sich heute ebenso skurril an, wie eben seine Stoffe. Und ebenso wahr könnte werden, was er beschreibt. Die mehrseitige und hochkarätigen Listen seiner Danksagungen hinten in den Büchern zeugen zumindest von so viel Recherche, dass alles möglich scheint. Überhaupt talkt und plaudert er mehr über Fragen rund um seine Themen so kurzweilig, dass der lange Abend mit langer Wartezeit vorher und nachher doch mehr als erträglich bleibt.

Sehr witzig an der aufwändigen Multivisions-Produktion neben Mond- und Sternenbildern übrigens die mehrmaligen Einschübe, bei denen Schätzing von seinem Platz aus oder dem Off mit den auf der Leinwand dargestellten Hauptfiguren wie Owen Jericho oder YoYo aus seinem Buch interagiert. Oder diese sich wiederum zum Eigenleben aufschwingen und sich über den Autoren vor dem Publikum unterhalten.

Das war wirklich mehr als der Besuch einer Lesung, weil so eigenständig, dass im Ozeaneum alle auf ihre Kosten kamen. Schätzing-Fans und solche, die es erst werden wollen. Klaro, muss dazu bemerkt werden, dass es sich nur ein Millionenautor mit seinem Verlag leisten kann, mal eben einen Clip mit prominenten Schauspielern für so eine Reise zu produzieren. Andererseits: 29.- Euro Eintritt bei rund drei mal 200 Besuchern... Da kann ein Theatergast viel und der Gast einer Lesung Höchstleistung verlangen. War es auch. Bis auf ein kleines aber bitteres Detail, das man der Agentur und/oder dem Veranstalter ins Stammbuch schreiben sollte: wenn Bedingungen wie bei Pop-Stars mit einer Fotobeschränkung von zehn Minuten vorgegeben werden, dann muss das auch vorher, und das bedeutet bei Anmeldung zur Veranstaltung kommuniziert werden. Und nicht am Einlass, wo sich dem Fotografen die Frage nach anderem Material oder Einbeinstativ angesichts des völlig abgedunkelten Raumes nicht mehr stellt. Nicht missverstehen. Dass die Veranstaltung durch Blitze und Kameraklicks nicht gestört werden sollte, ist schon in Ordnung.
Schön also, dass zu guter Letzt, der Publikumsandrang auf die Signatur für mitgebrachte oder eben noch erworbene Bücher vom Autoren so groß war, dass zumindest hier noch die obligate Ablichtung des Protagonisten möglich war.

Und mal ehrlich: so eine Schlange nach einer zweistündigen und wirklich anstrengenden Performance vor dem Tisch des Autoren habe ich lange nicht mehr gesehen. Ich würde mal schätzen, ungefähr die Hälfte der Besucher standen nochmals an..... Zumindest am Freitag.
Also wer sich Sorgen macht, beim Besuch von Schätzings Show das Buch vorgekaut oder nachbereitet zu bekommen, der sollte diese über Bord werfen und unbedingt hingehen. Er tourt ja damit durch Deutschland.
http://www.frank-schaetzin­g.com/#/nav/termine/live
© 2011 ostSeh/küstermann

1 Kommentare:

Markus hat gesagt…

Im Ozeaneum waren wir dieses Jahr auch, ist auf jeden Fall auch so einen Ausflug wert - wenn nicht gerade zu viele Gäste alle Schaukästen blockieren ;) Klingt aber sehr atmosphärisch der Vortrag...schade, hätte ich gern gesehen.

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