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Samstag, 29. Oktober 2011

Ein langer Schultag für Sachsenhausen



Betreten verlassen die Schülerinnen und Schüler entlang eines Stücks Elektrozauns das Gelände durch das Tor mit dem bekannten spruch. Foto: ostSeh/küma

Es sind schon die Kinder der Opfer, die letzte Wiedergutmachungen von NS-Greueltaten einfordern. 66 Jahre nach Ende des Faschismus ist das noch immer ein Thema. Dabei müssen wir schon neuere Geschichte aufarbeiten.. Andererseits wachsen Kinder und Jugendliche heran, die Faschismus nur noch im Geschichtsunterricht erfahren und erleben können, gleichzeitig schon wiedeer auf neonazistische Lehren stoßen. Wie also ohne die sprichwörtliche Keule beispielsweise das Thema Konzentrationslager „unterrichten“?

Rügen/Sachsenhausen. (ostSeh) Geschichtslehrerin Silke Küstermann hat dazu Filme gesichtet. „You tube war eine gute Quelle, zu sortieren, was für Jugendliche der Klasse zehn zumutbar ist. Denn geplant war eine Exkursion einer Gruppe von SchülerInnen der Regionalen Schule am Burgwall in Garz zum KZ Sachsenhausen. Ein langer Tag, den sie kürzlich absolvierten. Denn mehr als drei Stunden Regionalbahn folgt die freie Besichtigung in kleinen Grüppchen in der sehr vollen Gedenkstätte. „Hier habt ihr einen Plan und eure Aufgabenblätter. Die Ergebnisse tauschen wir dann im Unterricht aus“, schickte die Lehrerin die Kids los, um nicht im Pulk auf dem Weg zu sein. Aufgabe war, Schicksale zu dokumentieren, deren Spuren sie vor allem in den Baracken auffinden konnten. „Wir hätten gerne Arbeitsblätter von der Gedenkstätte gehabt. Doch dazu wäre die Führung vom dort zu buchen gewesen und diese sind wiederum lange im voraus zu planen. Also mussten wir das leider selbst ausarbeiten“, sagt Silke Küstermann. Und absolviert dann den Rundgang selbst, tief betroffen und immer wieder auf ihre Schüler stoßend, kleine Tipps und Hinweise gebend.

Ein Hinweis stellte sich als wichtig heraus. Nämlich der, in der Gruppe immer mit Repsekt dem ort zu begegnen, da neben einem ein Opfer stehen könnte. Und tatsächlich hatten drei der Jungs das wohl eindrücklichste Erlebnis. „Ein älterer Herr hatte uns angesprochen und dann ganz viel erzählt. Er war selbst hier Insasse gewesen“, konnte Arne berichten.

Und am Ende stellt sich die ebenso lange Rückfahrt bis nach Bergen auf Rügen als gute Gelegenheit heraus, mit der Aufarbeitung des Gesehenen sofort zu beginnen. So sagt Tim: „Ich hätte gerne mehr Authentizität gehabt. Ich fand, es sah vieles so neu aus..“ Joona wiederum war geschockt vom ersten Bild der Bettenbaracke mit dem Bettzeug. „“Ich konnte mir das bisher nicht vorstellen, wie viele hier umgekommen sind.“ Oliver war von der Pathologie geschockt. Sein Geschichtsbild habe es jedoch nicht verändert, was er gesehen hat. Auch Michelle R. empfand vieles als so neu und fühlte sich mit dem Gesehenen nur in ihrem Geschichtsbild bestätigt. Michelle J. wirft ein, schon in Buchenwald gewesen zu sein und von dort einen authentischeren Eindruck mitgenommen zu haben. Auch Arne wollte, dass es die Menschen mehr erschreckt, beeindruckt..

Nebenbei kam auch leise Kritik am großen Betrieb der Gedenkstätte zum tragen. Manchmal fühlten sich die Schüler gestört, wenn die Phonosysteme neben ihnen laut in einer anderen Sprache erläuterten. Und auch ich als Fotograf wurde durch den Zellentrakt förmlich getrieben, da eine spanische Führerin rückwärts vor ihrer Gruppe herlief und mich immer zum schnellen Weitergehen drängte. So habe ich wohl die Ausstellung zum Attentäter Johann-Georg Elser verpasst, der mein Hauptinteresse galt.

Auf dem Hof dort mit Galgen und Hinrichtungsstätte jedoch oder den Gittern zu den unterirdischen Zellen wollte ich alleine auch nicht so lange bleiben. Aber vielleicht ist das der Unterschied? Meine Bilder im Kopf bestehen aus reger Phantasie. Sie sind noch nicht computerstimmuliert und verlangen daher auch nicht nach einem ultimativen Kick.. KÜMA

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