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Montag, 10. Januar 2011

Stralsund: Vom Umgang des Zwiebelfisches mit der schwarzen Kunst

Vom Satz bis zum fertigen Druck sind mit den beiden Fachleuten ein Plakat und eine Postkarte in der Probierwerkstatt Drucken entstanden. Fotos: ostSeh/Küstermann

„Der Fisch, gar der Zwiebelfisch, die Leiche mit dem Winkelhaken erlitten keinen Durchschuss vom Schusterjungen und das Hurenkind war auch nicht Zeuge für das Blindmaterial der Bleilaus. Hä?“

Stralsund. (ostseh) Wenn Fred Lautsch und Percy Penzel am Mittwoch gut drauf sind, könnte es so oder anders abgehen. Denn dann stehen beide für jegliche Art von Druckexperimenten in der Druckwerkstatt am Katharinenberg im dortigen Speicher zur Verfügung. Jeden Mittwoch zeigen sie auch in einer offenen Werkstatt rund um die mechanische Setzmaschine Linotype, wie das vor Einführung dieses Wunderwerks der Technik im Handsatz und auch im Handdruck vonstatten ging. „Das sollte jeder heute mal gesehen haben, der mit Computer texte und Grafiken setzt“, sagte neulich jemand als Kommentar auf den Kurs bei Facebook, wo die Ergebnisse jeden Mittwoch in Livebeiträgen zu sehen sind.

„Blindmaterial“ hat dabei die Bedeutung, dass es nichtdruckbare Zwischenräume einer beispielsweise Kolumne füllt, bei der der Setzer streng darauf achtet, weder durch Auslassung eine „Leiche“ zu produzieren, noch die letzte Zeile eines Absatzes am Anfang der Spalte als sogenanntes „Hurenkind“ zu zeugen. So war sie eben, die Druckersprache. Doch darum geht es im Spaß nur am Rande. „Wir haben in unserer Werkstatt vielfältige Möglichkeiten, um Texte und Bilder auf Papier zu bringen“, sagt Percy Penzel. „Dazu bieten wir den Besuchern Freiraum, erste Erfahrungen auf diesem Gebiet zu machen. Sei es mit den alten Druckmaschinen oder mit einzelnen Bleibuchstaben bis hin zu den fünf Zentimetern großen großen Holzlettern oder den Vignetten als Muster.“ Das erscheint reizvoll, da im Zeitalter der Datenverarbeitung das selbst gedruckte Gedicht – vielleicht gar noch mit eigener Illustration – eine völlig neue Wertigkeit hat. Oder das Plakat, das sogar danach seinen Nutzen durch weitere Vervielfältigung finden kann. „Warum nicht das Ergebnis einscanen und das auf alt gemachte Produkt ganz modern drucken und verbreiten? Silke K. jedenfalls, immer wieder abwechselnd mit Fred oder Percy am Setzen, Probedrucken und Korrigieren, hat auf diese Art und Weise ein Plakat und im gleichen Design eine Postkarte für ihren Trödelmarkt auf Rügen gesetzt und gedruckt. Auf Format A2. Und hat damit ganz nebenbei den passenden Stil aufgegriffen und ein ganz eigenes Signet geschaffen. „Es war entspannend und doch in der Konzentration eine völlig neue Erfahrung, beispielsweise alles seitenverkehrt zu denken“, sagt die Lehrerin von Rügen rückblickend. Sie wird das nach dieser Erfahrung auch künftig mit ihren Schülern beispielsweise im Projekt Gutenberg einsetzen, ist sie sicher.

Lust also auf einmal ganz anderen Druck oder den Umgang mit der schwarzen Kunst? Bis vorläufig zweiten Februar immer mittwochs von 15:00 Uhr bis 16:30 Uhr als fester Termin. Der Einstieg ist fließend möglich. Eine eigene Projektidee kann nicht schaden. © 2011 ostSeh/küstermann

Kontakt: 03831 / 703360 oder percy@jugendkunst.de für 36.-/72.- Euro ab 10 Jahren.

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