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Montag, 28. Dezember 2009

Rügen: Deutschland genehmigt Nord Stream-Pipeline

Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) erteilt Genehmigung für die ausschließliche Wirtschaftszone (AWZ).

Alle deutschen Genehmigungen sind damit erteilt.

Die Karte der Verlegetrasse der Pipeline

Modell des Verlegeschiffes

Lagerung der ummantelten Röhren mit enem sogenannten Reach-Tacker-Spezialfahrzeug von Ferrari.

Produktionshalle zur Ummantelung der Rohlinge in Sassnitz
Fotos: © ostSeh/Küstermann

Nur die zweite finnische Genehmigung steht noch aus, 28. Dezember 2009 (ostSeh) Die Nord Stream AG hat heute vom Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) in Hamburg die Baugenehmigung für den 31 Kilometer langen Abschnitt der Nord Stream-Pipeline durch die ausschließliche Wirtschaftszone Deutschlands erhalten. Damit sind alle deutschen Genehmigungen erteilt. In den Ländern Dänemark, Schweden und Russland hat das Konsortium die Baugenehmigungen schon erhalten. In Finnland steht noch die zweite Genehmigung aus. Der Bau in der ausschließlichen Wirtschaftszone wurde bereits genehmigt.

“Wir liegen sehr gut im Zeitplan und gehen davon aus, im Frühjahr 2010 mit dem Pipelinebau beginnen zu können. Im Folgejahr 2011 können wir dann erstes Erdgas nach Europa liefern”, sagt Matthias Warnig, Vorsitzender der Geschäftsführung der Nord Stream AG.

Nach Fertigstellung des zweiten Pipelinestrangs wird Nord Stream im Jahr 2012 insgesamt 55 Milliarden Kubikmeter Erdgas von Russland nach Deutschland liefern, wo es in das europäische Erdgasnetz eingespeist wird. Gazprom hat bereits in mehreren EU-Staaten langfristige Verträge über Gaslieferungen durch Nord Stream abgeschlossen. Dazu zählen Deutschland, Dänemark, die Niederlande, Belgien, Frankreich und Großbritannien.

Die Umweltverbände laufen dagegen Sturm.
Gigantische Eingriffe in unterseeische Lebensräume, sagt der der BUND MV
Corinna Cwielag: Genehmigung für Nord Stream-Pipeline birgt große Risiken

“Die Pipeline wird das größte Bauwerk des Ostseeraumes darstellen und erfordert gigantische Eingriffe in unterseeische Lebensräume. Allein die mehrmonatigen Baggerarbeiten werden viele Quadratkilometer Meeresboden mitsamt dem darin enthaltenen Leben zerstören.” so Corinna Cwielag, Landesgeschäftsführerin des BUND in Mecklenburg-Vorpommern.

Aus Sicht des BUND bedarf es angesichts dieser gravierenden Eingriffe in europarechtlich geschützte Lebensräume eines sogenannten ´Abweichungsverfahrens´ bei der Europäischen Kommission, das jedoch unterlassen wurde. Ausgleichsmaßnahmen seien derzeit nur für einen Teil der geplanten Eingriffe geplant.

"Das Vorhaben ist unter diesen Umständen naturschutzrechtlich angreifbar." stellt Corinna Cwielag vom BUND fest. "Hier wurde den Interessen eines Privatunternehmens auf schnellen Baubeginn trotz völlig unzureichender Antragsunterlagen nachgekommen. Niemand kann sonst eine Genehmigung für derart schwerwiegende Eingriffe erhalten, wenn der Ausgleich nur zu vierzig Prozent nachgewiesen wurde." Der BUND behalte sich deshalb rechtliche Schritte gegen das Vorhaben vor.

Der WWF fordert Kompensation und leitet rechtliche Prüfung ein.

Der WWF fordert vom Betreiber Nord Stream eine volle Kompensation der entstehenden Umweltschäden und wird die Genehmigungsbescheide rechtlich prüfen lassen. Für den deutschen Küstenbereich sind Ausgleichsmaßnahmen bislang nur für etwa 40 Prozent der Eingriffe in die Meeresumwelt vorgesehen. Durch Baggerungen für die Trasse der Gaspipeline am Meeresboden und Freisetzung großer Mengen Stickstoff und Phosphor drohen massive Schäden im Ökosystem der Ostsee.

"Der WWF kann der Pipeline nur zustimmen, wenn in der Summe die Bilanz von Eingriffen und Kompensation ostseeweit gleich Null ist. Die Ausgleichsmaßnahmen müssen der geschunden Ostsee direkt zugute kommen" sagt Jochen Lamp, Leiter des WWF Ostseebüros in Stralsund. ”Der WWF wird daher die Genehmigungsbescheide durch seine Fachjuristen prüfen lassen, bevor sie rechtskräftig werden.”

Die geplante Trasse durchschneidet mehrere EU-Naturschutzgebiete, darunter das geschützte Riff der Schwelle zwischen Greifswalder Bodden und Ostsee. Hier müsse für die Verlegeschiffe der Pipeline eine neue Fahrrinne gebaggert werden. Auf einer 400 Hektar großen Klappstelle vor Usedom soll der Meeresboden aus der Pipelinetrasse im Greifswalder Bodden zunächst ins Meer geschüttet und später wieder abgebaggert werden. Pipelinebetreiber Nord Stream hat anerkannt, dass sich diese Eingriffe erheblich auf das Ökosystem auswirken werden.

Ein weiterer schwerer Eingriff ist nach Auffassung der Umweltstiftung WWF die Freisetzung von 53.000 Tonnen Stickstoff und 12.000 Tonnen Phosphor aus dem Meeresboden in den Wasserkreislauf der Ostsee. Dies entspricht einem Drittel des jährlichen Gesamteintrags dieser Stoffe. ”Im schlimmsten Fall drohen durch diese massive Überdüngung neue Todeszonen in der Ostsee, wenn wir nicht gegensteuern”, warnt Jochen Lamp. Eine Ausgleichsmöglichkeit wären großflächige Feuchtgebiete, die den Flüssen Nährstoffe entziehen, bevor das belastete Wasser in die Ostsee gerät und das Überdüngungsproblem verschärft.

Die Nord Stream Pipeline soll zwischen dem russischen Viborg und dem deutschen Lubmin entstehen und führt durch die territorialen Gewässer von Russland, Finnland, Schweden, Dänemark und Deutschland. Nach der Genehmigung durch das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrografie (BSH) sowie das Bergamt Stralsund liegen sämtliche Genehmigungen vor.

INFO:

Die 12,5 Tonnen scheren Rohre werden auf Rügen in einem eigens erbauten Werk der nordfranzösischen Firma Eupec seit April 2009 ummantelt und nach Vor- und Zwischenlagerung auf einer gigantischen Fläche per Schiff zu den weiteren Lagern oder zum italienischen Verlegeschiff gebracht. Dann wiegt ein rohr rund 24 Tonnen. Der Fährhafen Sassnitz-Mukran profitiert gleich mehrfach. Einerseits kommen die Mineralien zur Ummantelung per Schiff hier an. Eine Logistikfirma transportiert die Fracht ins Werk. Ebenso die Röhren, die andererseits 100 Stück pro Tag per Zug ankommen. Nach Fertigstellung wird alles wieder per Schiff via Hafen abtransportiert. Danach berechnen sich die Frachtgebühren für den vom Land und der Stadt betriebenen Hafen. Endlich ein lukratives Geschäft nach den Investitionen der letzten 20 Jahre.

WEITERE INFORMATIONEN

... zu dieser Meldung finden Sie hier beim WWF

© ostseh 2009/ andreas küstermann

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