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Donnerstag, 27. Mai 2010

Noch ein Mord auf Hiddensee: Engelstrompeten

Goldmann Verlag
Taschenbuch, Broschur, 256 Seiten,
ISBN: 978-3-442-46900-0 | € 7,95

Hiddensee/Kloster (ostSeh) Die Autoren Birgit Lautenbach und Johann Ebend veröffentlichten bei Goldmann schon mal einen Krimi. Nun sind es die Engelstrompeten, die uns eigentlich Land und Leute nahebringen könnten. Denn das erwarten wir doch davon, dass eine meist x-beliebige und/oder mehr oder weniger ausgefeilte Krimi-Handlung in eine uns bekannte Umgebung verlegt wird. Das macht Sinn und liest sich aufregender, als eine Reisebeschreibung. Und bringt uns Land und Leute näher!

In der aktuellen Handlung also dreht es sich um ein so genanntens „Spökenkiekerweib“ - eine Frau, die Krankheit und Tod anders sieht und eine Gabe hat(te), über die sich viele aus Unverständnis gerne lustig machen. Ein Sturz an einem der höchsten Punkte des süßen Ländchens sollte wie ein Unfall aussehen. Was arglose Touristen dann am Strand auffinden, verschlägt einem die Sprache. Die Handlung entwickelt sich jedoch zu einem komplexen und überraschenden Plot. Und die Gabe der Toten scheint ihr Verhängnis gewesen zu sein.

Die Geschichte ist mit Parallelhandlungen wie der Gruppe von jungen Inselvandalen und anderen, kleinen Geheimnissen, nett und durchaus spannend angelegt. Doch es ist auch, was Hiddensee anbelangt, relativ beliebig, sieht man von ein paar Ortsmarken ab oder der Tatsache, dass die Leserin und der Leser nun wissen, wie viele alte Bogenlampen am ausgedienten Schubbootanleger in Kloster stehen. Irgendwie habe ich etwas vermisst, das mich als 'Mutländer' für Hiddensee gewinnt und mit Inhalt anspricht. Stoff genug aus einer so „engen“ Gemeinschaft, die sich oft nicht Grün ist, sollte ja vorhanden sein. Und genau da scheint der Haken zu liegen statt zu greifen. Man nehme.... eine populäre Urlaubsinsel, lege ein paar unumstößliche Fakten fest, verlagere eine durchaus auch anderweitig anzusiedelnde Handlung marktgerecht dorthin und … plopp, ist einem Aufmerksamkeit genug zur Vermarktung gesichert.

Mir persönlich als Leser genügt das nicht. Ich möchte Flair erleben, das nur dort hin gehört. Aber vielleicht bin ich zu wissend für einen Durchschnittsleser und daher auch zu anspruchsvoll. Vorbilder sehe ich beispielsweise in den Eifel-Krimis, die sowas wie ein regionales Krimi-Genre mit begründet haben. Oder bei Leo Malet, dessen Krimis als Literatur durch 15 Pariser Arrondissements führten und den Leser an den Stadtvierteln lernend und wissend teilhaben ließen. „So gesehen“, um einen speziellen Rügener Spruch aufzugreifen, lässt sich das Büchlein nett und zügig lesen, haben die AutorInnen ihr Handwerk durchaus anspruchsvoll erfüllt und bleiben dennoch nach Ansicht des Rezensenten irgendwie etwas schuldig. Ist also nicht immer Hiddensee drin, wenn es drauf steht.

"Reetgedeckte Häuser, kreischende Möwen, malerische Steilküsten – und ein grausamer Mord...", schreibt der Verlag Goldmann im Verfahren Books on demand. Hatten wir uns nicht übrigens auch mal auf den Begriff rohrdeckte Häuser im Gegensatz zur Nordseeküste geeinigt?

Erschienen ist das Buch im Goldmann Verlag (Bertelsmann-Verlagsgruppe "Random House"), Ort auch des mit Toten Seelen vorvergangenen Hiddensee-Krimis des niedersächsischen Autorenpaares. „Reetgedeckte Häuser, malerische Häfen, Dünen in milder Setembersonn – und ein Mord“ heißt es dort. Merken sie was?

© 2010 ostSeh/küstermann

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