Foto: ostSeh/Küstermann
Grosow (ostSeh) Die Ortslage Grosow weiß niemand richtig einzuordnen. Wo einst ein Gutshof zwischen Silenz und Teschvitz stand, ist heute ein Wald, in dem die Pferde des Pächters Unterschlupf bei großer Hitze finden. „Eigentlich gibt es die Ortslage so richtig gar nicht mehr“, sagt Bürgermeister Jürgen Briese, von den Vorkommnissen sichtlich erschüttert. Denn im vergangenen Sommer, wohl schon im Frühjahr vorbereitet, wurde dort erneut ein Grab geschändet. Vermutlich in der Annahme das Grab der Eigentümer mit möglicherweise versteckten Schätzen zu öffnen, gruben unbekannte Vandalen bis auf 1,80 Meter Tiefe an der nordöstlichen Seite ein Loch. Zeugen berichteten, dass der Platz als Grabstätte kenntlich gewesen sei. Da weder der Stein noch Gebeine im Aushub zu finden waren, kann nur gemutmaßt werden, ob die Grabung im Sinne der Räuber erfolgreich gewesen ist. Aus Erzählungen bekannt wurde, dass die letzte, ältere Bewohnerin wohl nach Kriegsende an Typhus erkrankt und in Tücher gewickelt, dort beigesetzt worden sei. Was die Grabräuber offensichtlich nicht wussten: sie schändeten nicht die Grabstätte der Eigentümer, die wie viele andere die Erlaubnis hatten, auf eigenem Grund und Boden ihresgleichen beizusetzen. Da bleibt nur zu hoffen, dass Typhusbakterien lange aktiv sind...
Dass auf Rügen nicht nur historische Hügelgräber mit Sonden ausgespäht und geöffnet werden, sondern nun auch ganz normale Ruhestätten, ist eine neue Qualität und ein Skandal. Zuletzt wurde ein Hügelgrab in Sassnitz geöffnet. Wer derlei Aktivitäten beobachtet, sollte nicht schweigen. Auch in Grosow muss über einen längeren Zeitraum gegraben worden sein. Zumindest dem Jagdpächter sollte ein Auto aufgefallen sein, das für einen möglichen Abtransport sicher mit von der Partie gewesen sein dürfte.
Grosow ist im Hebungsregister von 1314 nicht genannt. Es erscheint erst in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts im besitz des Melchior von Platen auf Freesen (gest. 1698). Dessen Wappen in der Trenter Kirche führt die Bezeichnung Herr auf Freesen, Grosow und Rentz. 1705 heißt es bei Wackenroder: „Grosow, ein Hof und Ackerwerk, denen Herren von Platen von Freesen zuständig“. 1789 geht der Besitz an die benachbarte Familie zu Usedom, um 1840 an Ewert verkauft zu werden. 1855 hatte es in dessen Besitz ein Wohnhaus und 21 Bewohner. 1892 wird der Greifswalder Westphal als Eigentümer der 250 Hektar angegeben, was heute zumindest namentlich auch wieder passen würde. 1935 stand es im Besitz des Gutsbesitzers Nehls und soll neben 968 Morgen auch 56 Seelen gezählt haben.
Ohle und Baier, das Standardwerk über den Kreis Rügen, verzeichnet im Jahr 1963 ebenfalls fehlende alte Belege, gibt jedoch als älteste Besitzer die Familie von Rotermund in Boldevitz an, die 1636 verkaufte. Der Einzelhof lag am Niederungsrand zur Koselower See. Heute sind dort nur noch ein paar Treppenfragmente und überall unzählige von Schuhen in der Landschaft sichtbar. Ab und an ragt etwas Eisen aus der Erde. Nahebei sollen noch Reste eines alten, windbetriebenen Schöpfwerkes von 1990 liegen, beschrieben Ohle und Baier es 1963 und erinnerten damit bis heute daran, dass dort einst Wind das verrichtete, was heute mit Elektromotoren zu enormem Verbruach und Schwankungen für die Anwohner führt, damit einige wenige Bauern das nasse Land bewirtschaften können.
© 2009 ostSeh / ANDREAS KÜSTERMANN
Grosow (ostSeh) Die Ortslage Grosow weiß niemand richtig einzuordnen. Wo einst ein Gutshof zwischen Silenz und Teschvitz stand, ist heute ein Wald, in dem die Pferde des Pächters Unterschlupf bei großer Hitze finden. „Eigentlich gibt es die Ortslage so richtig gar nicht mehr“, sagt Bürgermeister Jürgen Briese, von den Vorkommnissen sichtlich erschüttert. Denn im vergangenen Sommer, wohl schon im Frühjahr vorbereitet, wurde dort erneut ein Grab geschändet. Vermutlich in der Annahme das Grab der Eigentümer mit möglicherweise versteckten Schätzen zu öffnen, gruben unbekannte Vandalen bis auf 1,80 Meter Tiefe an der nordöstlichen Seite ein Loch. Zeugen berichteten, dass der Platz als Grabstätte kenntlich gewesen sei. Da weder der Stein noch Gebeine im Aushub zu finden waren, kann nur gemutmaßt werden, ob die Grabung im Sinne der Räuber erfolgreich gewesen ist. Aus Erzählungen bekannt wurde, dass die letzte, ältere Bewohnerin wohl nach Kriegsende an Typhus erkrankt und in Tücher gewickelt, dort beigesetzt worden sei. Was die Grabräuber offensichtlich nicht wussten: sie schändeten nicht die Grabstätte der Eigentümer, die wie viele andere die Erlaubnis hatten, auf eigenem Grund und Boden ihresgleichen beizusetzen. Da bleibt nur zu hoffen, dass Typhusbakterien lange aktiv sind...
Dass auf Rügen nicht nur historische Hügelgräber mit Sonden ausgespäht und geöffnet werden, sondern nun auch ganz normale Ruhestätten, ist eine neue Qualität und ein Skandal. Zuletzt wurde ein Hügelgrab in Sassnitz geöffnet. Wer derlei Aktivitäten beobachtet, sollte nicht schweigen. Auch in Grosow muss über einen längeren Zeitraum gegraben worden sein. Zumindest dem Jagdpächter sollte ein Auto aufgefallen sein, das für einen möglichen Abtransport sicher mit von der Partie gewesen sein dürfte.
Grosow ist im Hebungsregister von 1314 nicht genannt. Es erscheint erst in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts im besitz des Melchior von Platen auf Freesen (gest. 1698). Dessen Wappen in der Trenter Kirche führt die Bezeichnung Herr auf Freesen, Grosow und Rentz. 1705 heißt es bei Wackenroder: „Grosow, ein Hof und Ackerwerk, denen Herren von Platen von Freesen zuständig“. 1789 geht der Besitz an die benachbarte Familie zu Usedom, um 1840 an Ewert verkauft zu werden. 1855 hatte es in dessen Besitz ein Wohnhaus und 21 Bewohner. 1892 wird der Greifswalder Westphal als Eigentümer der 250 Hektar angegeben, was heute zumindest namentlich auch wieder passen würde. 1935 stand es im Besitz des Gutsbesitzers Nehls und soll neben 968 Morgen auch 56 Seelen gezählt haben.
Ohle und Baier, das Standardwerk über den Kreis Rügen, verzeichnet im Jahr 1963 ebenfalls fehlende alte Belege, gibt jedoch als älteste Besitzer die Familie von Rotermund in Boldevitz an, die 1636 verkaufte. Der Einzelhof lag am Niederungsrand zur Koselower See. Heute sind dort nur noch ein paar Treppenfragmente und überall unzählige von Schuhen in der Landschaft sichtbar. Ab und an ragt etwas Eisen aus der Erde. Nahebei sollen noch Reste eines alten, windbetriebenen Schöpfwerkes von 1990 liegen, beschrieben Ohle und Baier es 1963 und erinnerten damit bis heute daran, dass dort einst Wind das verrichtete, was heute mit Elektromotoren zu enormem Verbruach und Schwankungen für die Anwohner führt, damit einige wenige Bauern das nasse Land bewirtschaften können.
© 2009 ostSeh / ANDREAS KÜSTERMANN
1 Kommentare:
"Nahebei sollen noch Reste eines alten, windbetriebenen Schöpfwerkes von 1990 liegen, beschrieben Ohle und Baier es 1963 und erinnerten damit bis heute daran..." Das kann ja nicht stimmen. AAABER: Vielen Dank für den Artikel, denn heute bin ich auf eben dieses Wäldchen mit eben dieser Treppe gestoßen. SEHR spannend!
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