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Sonntag, 14. März 2010

Rügen,Hiddensee: weiter Debatte um Sorgfaltspflicht der weißen Flotte

Die mehrfach havarierte Fähre Vitte im Eis von Schaprode.
Foto: luftikus-ruegen/Küstermann


Die Inselzeitung Hiddensee veröffentlichte den offenen Brief des Pastors an die Weiße Flotte vollständig, den die lokale OZ mit ihrem Monopol bisher nur in wenigen Sätzen zitiert hat. Hier sei auch verwiesen auf einen Kommentar der Neuen Inselzeitung Hiddensee unter:

http://inselzeitung.blogspot.com/2010/03/inselpastor-glockner-offener-brief-die.html

Von
Dr. Konrad Glöckner
Kirchweg 42
18565 Kloster Hiddensee

An
Weiße Flotte GmbH/ Reederei Hiddensee
Geschäftsführer Herr Jörg Lettau
Fährstraße 16
18439 Stralsund


Offener Brief
an die Geschäftsführung der Reederei Hiddensee


Sehr geehrter Herr Lettau,

der Hiddenseeverkehr ist ein lukratives Geschäft für die Weiße Flotte und also eine „große Stütze“ für das positive Betriebsergebnis 2009, auf welches Sie als Geschäftsführer der Reederei Hiddensee zufrieden zurückblicken: „Für die Weiße Flotte ist es wirklich gut gelaufen.“ (OZ, 28.12.2009)

Aber bitte, seien Sie doch nicht so bescheiden. Das Geschäft mit der Insel ist mehr als eine große Stütze, es ist ein sicheres Standbein für Ihre Reederei! Der Hiddensee-Tourismus boomt und ausschließlich Ihr Unternehmen hat das Recht zur öffentlichen Beförderung von Personen und Waren zwischen dem Festland und der Insel. Als Gegenleistung freilich stehen Sie in der Pflicht, die Versorgung der Insel zu gewährleisten, auch im Winter! So ist es vertraglich in der Konzession geregelt, welche Ihrer Tochtergesellschaft der Weißen Flotte dieses Monopol zusichert.

Ihr Interesse an dieser Konzession wird ebenso groß sein, wie der Gewinn, den sie Ihnen garantiert! Entsprechend auffällig ist ihr Bestreben, sich trotz aller Pannen bei der Inselversorgung in diesem Winter als korrekt handelnder Vertragspartner darzustellen. Überprüfen lassen sich Ihre Aussagen schwer – der Wortlaut der Konzession ist nicht öffentlich zugänglich – aber überzeugend sind sie nicht! Stattdessen geben sie Zeugnis von Ihrer Geisteshaltung, mit der Sie dem Vertrag gerecht zu werden glauben. So halten Sie sich ausdrücklich zu Gute, dass Ihre Reederei für die Grundversorgung der Insel Mitarbeiter eingesetzt hat, „obwohl seit nahezu vier Wochen keinerlei Einnahmen im Bereich des Inselverkehrs“ erzielt wurden (Internetseite der Reederei Hiddensee, 15. Februar 2010). Andere Äußerungen, in denen Sie Ihre Einstellung gegenüber der Insel und ihren Menschen offenlegten, waren schlichtweg zynisch und verdienen es nicht, wiederholt zu werden! Nein, eine weiße Weste hat die Weiße Flotte nicht!

Lassen wir einige Fakten sprechen; selbst Kleinigkeiten haben Offenbarungskraft:

Seit Einführung des Eisfahrplanes wird der Hafen Kloster nicht mehr angelaufen. Die Fähre ist mit dem Inselbus zu erreichen. Ausgestattet mit einer von Kloster aus geltenden Fahrkarte besteigen Reisende nun den Bus, im Glauben, dieser würde kostenfrei als Zubringer fungieren. Aber nicht jeder Glaube trägt! Der Bus ist kostenpflichtig und Urlauber haben den vollen Preis zu zahlen, 3 € pro Person! Die Weiße Flotte unterlässt jegliche Beteiligung an diesen Kosten und überlässt es dem Busunternehmen, seinen Fahrplan den mehrfach wechselnden Eisfahrplänen anzugleichen.

Die Situation eskaliert am 02.Januar 2010, als die Reederei witterungsbedingt entschied, ausschließlich den Hafen Neuendorf anzulaufen. Dies war der Abreisetag für tausende Urlauber. Die auf der Insel verfügbare Kapazität reichte bei weitem nicht aus, um alle diese Menschen von Vitte oder Kloster nach Neuendorf zu transportieren. Vergeblich warteten viele an den Bushaltestellen oder machten sich mit Gepäck beladen auf den bis zu 9 km langen Weg. Um die Dramatik dieses Tages zu erfassen, wäre eine Vielzahl an Einzelgeschichten zu erzählen.
Seitens der Reederei wurde an diesem Tag nichts unternommen, um die chaotische Situation der Heimreisenden zu entspannen. Weder wurden Transportmöglichkeiten organisiert, noch warme Getränke bereitgestellt oder genügend Mitarbeiter, um den Informations- und Auskunftsbedarf zu decken.

Ab dem 29. Januar fiel die Fährverbindung vollständig für mehrere Wochen aus. Ob dies den Eisverhältnissen geschuldet ist, wie Sie selbstverständlich behaupten, oder mangelnder Wartung und Vorsorge, ist an anderer Stelle zu prüfen! In jedem Fall haben Sie mangelndes Verantwortungsbewusstsein bewiesen! Statt sich um Ersatz zu bemühen oder sich an den von Gemeinde und Landratsamt gefundenen teuren Notlösungen zu beteiligen, haben Sie für Ihr Unternehmen die Aussetzung der Betriebspflicht beantragt!
Besonders schockierend ist die Einsicht, dass Sie für den eventuellen Ausfall ihres einzigen(!) Schiffes mit Eisklasse, der „MS Vitte“, keinen Notfallplan erarbeitet hatten – und dies auch nicht nach den Ereignissen von Anfang Januar taten, wie sie in der Ostseezeitung freimütig zugeben (OZ vom 23.02.2010). Das Wesen verantwortlichen Schiffsbetriebes aber besteht darin, jede erdenkliche Notsituation in die Überlegungen und Vorkehrungen mit einzubeziehen. Das heißt „vorrausschauendes Fahren“ und ist völlig unerlässlich für den Betrieb von Schiffen.

Bei der Inselversorgung handelt es sich keineswegs um Fragen des Luxus oder Abenteuers. Es geht um die Gewährleistung elementarer Rechte und die Befriedigung existentieller Bedürfnisse der Bewohner Hiddensees. Dazu halten allein Sie die Konzession und die Insel ist in Krisenzeiten ausschließlich auf das Krisenmanagement Ihres Unternehmens angewiesen. Eine Grundbedingung für Ihre Akzeptanz als Vertragspartner ist daher Vertrauen in Ihre fachliche und menschliche Eignung. Glauben Sie mir, Herr Lettau, statt ausschließlich auf Gewinn zu setzen, sollten sie ebenso in Glaubwürdigkeit investieren. Einen Vertrag erfüllt man nicht nur dem Buchstaben, sondern auch seinem Geiste nach und Selbstgerechtigkeit kann ein Wort der Entschuldigung nicht ersetzen!

Für Sie aber scheint der Winter bereits Schnee von gestern zu sein. Nun wird es Frühling und damit Zeit, die jährliche Fahrpreiserhöhung zu beantragen. Dass dieser Antrag in die jetzige Stimmungslage fällt, nennen Sie „unglücklich – aber zufällig“. Begründet sei der Antrag allemal und eigentlich für jedermann einsehbar. Schließlich würden durch die Neufassung der Hafengebührensatzung auf Ihre Reederei „erhebliche Mehrkosten bis zu 40 000 Euro“ zukommen (OZ vom 23.02.2010).
Sie wollen öffentlich rechnen? Ach bitte, tun Sie dies doch! Mich würde dann interessieren, wie viel Ihre Reederei dadurch eingespart hat, dass sie vom regulären Winterfahrplan zunächst auf den eingeschränkten Eisfahrplan umgestellt und diesen dann wiederum auf den aktuellen Sondereisfahrplan reduziert hat. Ich wette, die von Ihnen benannten Mehrkosten haben Sie bereits um ein Vielfaches eingespielt!

Der Hiddenseeverkehr ist ein lukratives Geschäft! Vermutlich blicken Sie bereits zufrieden auf die Wintersaison 2009/2010 zurück und stellen fest: „Für die weiße Flotte ist es wirklich gut gelaufen.“
Aber: Vergessen Sie in Ihrer Rechnung nicht den Vertrauensverlust. Als Geschäftsführer der Reederei Hiddensee haben Sie diesen zu verantworten, aushalten aber müssen ihn Ihre Mitarbeiter hier vor Ort.

Dr. Konrad Glöckner
Pastor zu Kloster/Hiddensee

Kloster, den 02.März 2010

Bleibt redaktionell von ostSeh hinzuzufügen, dass der privat und eigentwirtschaftlich fliegende Helikopter nach Hiddensee auch für die darauf angewiesenen Insulaner 50 Euro pro Flug kostete und keine der angekündigten Möglichkeiten mit Bundes- oder Landespolizei oder anderen für die Hiddenseer zutraf. Auch wenn das Ministerium dies kundtat und das angeblich die Landrätin nach Intervention dort erreicht habe.
Erst auf eigene Intervention mussten Hiddenseer dann nur noch die Hälfte für einen Flug bezahlen. Es hat sich noch niemand gefunden, der diese Kosten versucht, auf dem Klageweg wieder einzutreiben. Vor allem bei echten Notfällen, die es auch gab. Denn die Reederei Hiddensee hat tatsächlich mit ihrer Konzession auch die Pflicht übernommen, die Erreichbarkeit der Rügener Nachbarinsel zu gewährleisten. Davon muss ausgegangen werden, auch wenn die Konzession als Geheimnnis gehandhabt wird. Vom Preis, den sie sich dafür bezahlen lässt, einmal abgesehen.
Nur so müssen auch die ständigen Streiterein beispielsweise mit der Reederei Kipp aus Breege zu sehen sein, deren kapitän Frank Strohmeier sich regelmäßig über Schikanen beschwert, wenn er mit seiner Wappen von Breege ebenfalls Hiddensee anlaufen möchte.

Unter folgendem Link ist die aktuelle Anreisesituation zu erfahren:
http://www.weisse-flotte.com/news/116


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