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Donnerstag, 1. Juli 2010

Rügen: Wrack der „Sophie Scholl“ geplündert


Fotos: ostSeh/Förster, Kleinerüschkamp, küstermann

Sassnitz - (ostSeh) Die schlechte Nachricht zuerst. Als der Unterwasserarchäologe Dr. Thomas Förster zusammen mit drei Tauchpartnern am 18. Juni den Kutter „Sophie Scholl“ in 14 Metern Tiefe ansteuerte, um die Bojen zum Betauchen zu setzen, trauten alle vier ihren Augen nicht. Die maritim interessanten Teile des am 21. April gesunkenen Kutters von Hotelier Sören Klube aus Stralsund waren geplündert. So fehlten das Steuerruder, der Kompass, das Namensschild und eine teure Ankerwinde nebst vielen anderen Funktionsteilen. „Ich halte das für Frevel, da die Besitzverhältnisse klar waren“, sagte Förster.

In Absprache mit dem Eigner und dem Wasser- und Schifffahrtsamt hatte der Verein archaeomare den Zustand des am Grund ungewöhnlich schnell völlig zerlegten Wracks aus Forschungsgründen dokumentiert.
Nebenbei sollten die Forschungs- und Berufstaucher des Vereins lose Teile mit an die Oberfläche nehmen, die durch Aufschwimmen den Schiffsverkehr oder die Umwelt schädigen können. Aus der Baden-Württemberger Autoschmiede Daimler Benz stellte die Gießerei über einen der archaeomare-Taucher sogar Schwerlastsäcke dafür zur Verfügung.


Doch der binnen kurzer Zeit nach dem Untergang völlig desolate Zustand des modernen Wracks bot ebenfalls Erkenntnisse für die Forschung. Ingo Beyer, Bootsbauer und Tauchprofi, vermutete: „Wahrscheinlich drang durch die ausgetrockneten Plankennähte beim Schleppen zunehmend Wasser ein und mit dem Absinken des Schiffes beschleunigte sich dieser Prozess, da das eindringende Wasser nicht abgepumpt werden konnte. Die Stürme nach dem Untergang des Kutters besiegelten dann sein Schicksal, da der A-Mast das Schiff wie eine gewaltige Brechstange in zwei Teile hebelte.“ Die „Sophie Scholl“ war am 21. April im Schlepp der „Petersdorf“ auf dem Weg von Glowe zur Werft nach Sassnitz nahe des Kieler Baches untergegangen. Der Seenotrettungskreuzer „Wilhelm Kaisen“ und der Schlepper „Petersdorf“ hatten die vier Besatzungsmitglieder aufnehmen können. In Folge spülte es am Ufer immer wieder Teile der Beplankung an. Daher strebte das Wasser- und Schifffahrtsamt eine amtliche Bergung an. Mit Beseitigung von rausgerissenen Tanks, Farbbüchsen und aufschwimmenden Tampen oder Kleinteilen wie Feuerlöscher, Werkzeug, Stahltrossen wurde auch für die dort zahlreich passierende Ausflugsschifffahrt zur Kreideküste der Verkehr wieder sicherer. Dabei kann auch die Frage beantwortet werden, was Taucher mit Gummihandschuhen und Kabelbindern machen. Sie stülptren sie über offenen Rohröffnungen der herausgerissenen Tanks und sicherten sie mit den Kabelbindern beim Heben. So lief möglichst wenig weiteres Öl oder Treibstoff aus.

Leider hatten die Ausflugskapitäne die beiden Schlauchboote der Raubtaucher nicht gemeldet. So kam es zu dem Diebstahl unter den Augen der Öffentlichkeit. Das ging übrigens so weit, dass die Taucher kleine Botschaften am Ruderhaus hinterlassen hatten. Mit dem Verweis „Teller“ ist wohl auch schon die Plünderung der Schiffskombüse geplant.

Einig waren sich die 16 Taucher von archaeomare, die vier Tage lang unentgeltlich an der Dokumentation und Sicherung des Wracks gearbeitet hatten, dass ein Video von Binzer Tauchern bei YouTube dazu beigetragen hatte, die Plünderung zu forcieren. Dort waren unter anderem der alte Pendelkompass und eine Glashütte-Uhr ins Bild gerückt worden. Ebenso wie die anderen, verschwundenen Details. Was dokumentarisch gedacht war, wurde so zum Lockmittel.

Die gute Nachricht ist, die kürzere: In Abstimmung mit dem Wasser- und Schifffahrtsamt konnten die Markierungsbojen eingezogen werden, da nun 10,50 Meter Wasser über dem Wrack sind und keine unmittelbare Gefahr für die Schifffahrt besteht.
Durch den Verein archaeomare e.V. sind noch in diesem und auch in den kommenden Jahren weitere Tauchgänge am Wrack der „Sophie Scholl“ geplant. In Langzeitbeobachtungen sollen die Zerfallsprozesse und auch die Besiedlung des Wracks dokumentiert werden. So konnte beispielsweise kurz nach dem Untergang beobachtet werden, dass Dorsche das Wrack als Rückzugsgebiet nutzen.
(c) ostseh.de/ANDREAS KÜSTERMANN

3 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

der binzer tauchsportclub legt wert auf den hinweis, dass von dort niemand für illegale plünderungen am wrack war.
ein anderer hinweis besagt, dass taucher mit potsdamer kennzeichen die beiden schlauchboote am parkplatz beim molenkopfzentrum getrailert haben sollen....

Anonym hat gesagt…

It sank? OMG! I used to stay there with other students on the student exchange programme. Sad...

Letitia hat gesagt…

Ist schon heftig, das es Personen gibt, die nichts respektieren können. Aber wenigstens kann das Frack noch zu einigen Forschungen beitragen.

MfG Letitia

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