Seiten

Dienstag, 11. August 2009

Aktion Störtebeker, ein Rügenkrimi

Politthriller oder Rügenkrimi?

20 Jahre Deutsche Einheit. Bundeskanzlerin Angela Merkel ist als Abgeordnete in ihrem Wahlkreis und die neue Rügenbrücke soll nach einer Explosion zusammenkrachen. Ebenso der parallel laufende Rügendamm. Das wäre ein Fanal. Und diesmal führen die Wege nur partiell in bekannte extremistische Kreise. Auch wenn der Abzug der deutschen Truppen in Afghanistan eine der Forderungen darstellt.

In der Parallelhandlung steht am Anfang Mord. Am Göhrener Südstrand und mit einem speziellen, vermutlich sogar numerierten Messer sachkundig ausgeführt. Wie gelernt.
Kommissar Kurt Bratfisch (sic!!) und seine vietnamesische Kollegin Mandy Thi Pham nehmen Spuren auf. Und arbeiten sich durch Erzählung des Älteren mit einer jüngeren Kollegin in eine besondere Thematik ein, deren Geschichten sich langsam verzahnen.

Klaus Scheld ist Journalist und benutzt das Pseudonym eines bis dato kaum bekannten Störtebeker-Gefährten. Daher schon als solches die erste Überraschung. Von denen der exzellent recherchierende Kollege noch einige mehr parat hat. Denn er versteht es literarisch trotz Erstlingswerk, Lokalkolorit seiner Wahlheimat zu erarbeiten und damit die Handlung funkeln zu lassen. Denn – das wird alte Kader erneut wie 1990 aufschreien lassen – sein Plot führt in die alten Ausbildungsstrukturen rund um die Hochschule Otto Winzer und einer speziellen Kampfeinheit in Prora. Die wiederum bildete nach Schelds Szenario auch westliche Kader für die Übernahme von Aufgaben in der BRD hinter den Fronten eines Krieges aus. Mehr darf aus Gründen der Spannung vom Zusammentreffen alter und neuer Kader auf Rügen und deren Beweggründen nicht verraten werden.

Waffenkunde, eher jedoch ein brisantes Gemisch aus vermeintlich vergangener DDR und den neuen, rechten ebenso wie linken, extremistischen Strukturen des vereinigten Deutschlands bringt er so gekonnt und Top aktuell zusammen, dass nur wenige Stolperer zu entdecken sind. Die finden jedoch nur sehr versierte Rüganer. Und Books on demand (BoD), also Bücher auf Abruf sei dank, lässt sich das digitalisiert leichter als bei einer großen, komplett gedruckten Auflage korrigieren, was Klaus Scheld schon versprochen hat.

Es macht also auch dem Ortskundigen nicht nur Spaß, diese Sichtweise mancher Proraner NVA-Strukturen als Bereicherung zu ergründen, es bereichert auch in der Art, Dinge weiter zu denken. So muss lokale Krimi-Literatur aufgebaut sein. Da verzeiht man es auch, dass Scheld, ebenso im hessischen wie in Bergen auf Rügen ansässig, seinen Kommissar unbedingt Bratfisch nennen musste. Dieser entwickelt ansonsten eine nachdenkliche und alltagsphilosophische Natur und ist kein Komiker. Dass Bratfisch auch noch im Laufe der Handlung einige berufliche wie auch persönliche Konflikte ereilen, die bedenkenswert neben der eigentlichen Handlung Raum ergreifen, macht seinen Charakter sehr glaubwürdig.

Vermutlich hat Scheld aber auch die notwendige Distanz, um sich an das Thema der geheimen Strukturen Proras so unbefangen zu wagen, den Aufschrei manches Offiziers dabei in Kauf nehmend. Denn die haben das immer bestritten.

Eine weitere Besonderheit: Scheld spielt die Medienklaviatur gekonnt aus. Ein Buchtrailer auf seinem Rügenblog, also ein vertonter Werbeclip, setzt in Kurzform alles bildlich in Szene, der Störtebeker-Blog hat schon im Vorfeld dazu gedient, Neugierde zu schaffen und die Entstehung des Buches zu begleiten. Jetzt kann sich dort jeder einloggen und mit dem Autoren diskutieren. Oder an einem der Leseabende im Cliff-Hotel.

Übrigens: Klaus Scheld hat nicht nur einen eigenen Blog für den Krimi. Er ist auch Mitglied Der Xing-Gruppe Rügen – Die Insel und dort ansprechbar.
Klaus Scheld, Aktion Störtebeker, BOD Paperback, 200 Seiten ISBN 978-3-83911-524-4

© 2009 ostSeh / ANDREAS KÜSTERMANN

0 Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

 
footer